Hinweispflichten der Arbeitgeber

Die schönste Zeit im Jahr stellt Arbeitgeber oft vor große Herausforderungen.
Arbeitnehmer, die aufgrund einer Langzeiterkrankung arbeitsunfähig sind, verlangen von ihrem Arbeitgeber immer häufiger, den nicht beanspruchten Urlaub in späteren Jahren nachzuholen. Mit diesem Thema hat sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Urteil vom 31.01.2023 (Az.: 9 AZR 85/22) zum wiederholten Mal beschäftigt. Zudem geht es erneut um die „Hinweispflicht“ als Mitwirkungsobliegenheit des Arbeitgebers. Ohne Hinweis verfällt der Urlaub in der Regel nicht mehr.

Der Urlaubsanspruch von Arbeitnehmern ist im Bundesurlaubsgesetz geregelt. Gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG muss der Urlaub grundsätzlich innerhalb des laufenden Kalenderjahres gewährt und genommen werden. Nur in Ausnahmefällen – zum Beispiel, wenn eine Erkrankung am Ende des Jahres die Einbringung des Urlaubs unmöglich macht – ist eine Übertragung des Urlaubs bis zum 31. März des Folgejahres zulässig. In der Praxis übertragen viele Arbeitnehmer ihren Urlaub auf das erste Quartal im Folgejahr.

Das Bundesarbeitsgericht hat Rechtsfortbildung betrieben: Der Urlaub verfällt laut Bundesarbeitsgericht nur dann am 31.03. des jeweiligen Folgejahres, wenn der Arbeitgeber den Mitarbeiter rechtzeitig und aktiv darauf hingewiesen hat, dass noch Resturlaub existiert, und dem Arbeitnehmer auch tatsächlich die Möglichkeit gibt, den Urlaub in Anspruch zu nehmen (Mitwirkungsobliegenheit des Arbeitgebers).

Eine Ausnahme gibt es laut BAG, wenn eine Langzeiterkrankung des Arbeitnehmers im Raum steht – dann verfällt der Urlaub erst nach Ablauf von 15 Monaten – unabhängig von einem Hinweis des Arbeitgebers.

Urlaub trotz Langzeiterkrankung
Das Bundesarbeitsgericht legt § 7 Abs. 3 BUrlG dahingehend aus, dass bei langzeiterkrankten Arbeitnehmern der Urlaubsanspruch erst nach Ablauf von 15 Monaten erlischt.

Beispiel: Der Arbeitnehmer ist seit dem 01.01. des Jahres erkrankt. Ist der Mitarbeiter nun durchgehend bis zum 31.03. des nachfolgenden Kalenderjahres arbeitsunfähig, kann er faktisch die ganze Zeit über nicht seinen Urlaub nehmen. In diesem Fall tritt der Verfall dann unabhängig davon ein, ob der Arbeitgeber seine Mitwirkungsobliegenheiten erfüllt hat. Denn hier ist die fehlende Mitwirkung des Arbeitgebers ausnahmsweise nicht schädlich, da der Arbeitgeber nicht helfen konnte, den Urlaub zu beanspruchen. Was gilt, wenn der Arbeitnehmer aber in den ersten Januarwochen kurzfristig erkrankt?

Achtung: Kein automatischer Urlaubsverfall nach 15 Monaten bei kurzzeitiger Arbeit zu Jahresbeginn
Nach der jüngsten BAG-Rechtsprechung muss der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten bei Entstehung des Urlaubs zu Jahresbeginn unverzüglich – also in der Regel innerhalb von sechs Werktagen – nachkommen.

Dies ist vor allem dann wichtig, wenn der Arbeitnehmer einige Tage im Januar arbeitet und dann für längere Zeit erkrankt.
Versäumt der Arbeitgeber seine Mitwirkungspflicht und ermöglicht damit dem Arbeitnehmer nicht rechtzeitig vor Eintritt einer Arbeitsunfähigkeit, seinen Urlaub tatsächlich zu nehmen, so erlischt der Urlaub auch nach Ablauf des ansonsten maximalen Übertragungszeitraums von 15 Monaten nicht, wenn der Arbeitnehmer später durchgehend erkrankt ist.

Fazit:
Wir raten unseren Klienten daher, ihre Mitarbeiter innerhalb der ersten sechs Arbeitstage im Jahr über den aktuellen Urlaubsstand und das anstehende Verfallsdatum des Urlaubs aktiv zu informieren.

DSP Koblenz – Stefanie Nießen, Rechtsanwältin